E-Lending: Lösungswege für das digitale Verleihen
Programm
Begrüßung und Einführung
Prof. Dr. Michael Grünberger, LL.M. (NYU), Direktor des IUM
I. „Onleihe“ der Bibliotheken – Berichte aus der Praxis
Panelist:innen
- Katrin Schuster & Bianca Fischer, Stadtbibliothek München
- Dr. Berthold Gillitzer, Bayerische Staatsbibliothek
- Christian Schniedermann (Piper Verlag GmbH)
Moderation
Prof. Dr. Michael Grünberger, LL.M. (NYU)
II. Möglichkeiten der Zugangssicherung aus kulturökonomischen und rechtlichen Perspektiven
Panelist:innen
- Prof. Dr. Oliver Budzinski, TU Ilmenau
- Prof. Dr. Katharina de la Durantaye, LL.M. (Yale), FU Berlin
- Prof. Dr. Petra Pohlmann, Universität Münster
Moderation
Prof. Dr. Michael Grünberger, LL.M. (NYU)
III. Faire Rahmenbedingungen – Die Quadratur des (rechtspolitischen) Kreises
Panelist:innen
- Beate Möllers, Ministerium für Kultur und Wissenschaft, NRW
- Volker Heller (Deutscher Bibliotheksverband e.V.)
- Antje Kunstmann (Verlag Antje Kunstmann)
- Janet Clark (Autorin und Mitglied der Initiative Fair lesen)
Moderation
Prof. Dr. Michael Grünberger, LL.M. (NYU)
Details zur Veranstaltung
Datum | 29.4.2022 |
Zeit | 10 – ca. 15 Uhr |
Ort | Option 1: Literaturhaus München Option 2: Teilnahme per Livestream |
Anmeldung | Eine Anmeldung ist erforderlich und ist bis 22.4.2022 (Präsenz-Teilnahme) bzw. 25.4.2022 (Teilnahme per Live-Stream) möglich! |
Kosten | Die Teilnahme ist kostenfrei. |
Über die Veranstaltung
Das Verleihen ist unionsrechtlich kein Teil des Verbreitungsrechts, sondern ein eigenständiges, in der Vermiet- und Verleihrechts-Richtlinie vorgesehenes Ausschließlichkeitsrecht. Der EuGH hat schon 2016 entschieden, dass davon auch das „Verleihen von digitalen Kopien“ erfasst wird (EuGH ZUM 2017, 152 – Vereniging Openbare Bibliotheken). Das bedeutet aber auch, dass die Mitgliedstaaten vergütungspflichtige Ausnahmen davon zugunsten des „öffentlichen Verleihwesens“ machen dürfen (Art. 6 Vermiet- und Verleih-RL). Voraussetzung dafür ist, dass der Nutzungsvorgang im Wesentlichen mit dem Verleihen gedruckter Werke vergleichbar ist. Das sei, so der EuGH, beim „one copy – one user“-Verleihmodell der Fall, sofern ein rechtmäßig erworbenes Vervielfältigungsstück genutzt wird. Allerdings handelt es sich bei den unionsrechtlichen Vorgaben lediglich um Mindestvorgaben; die Mitgliedstaaten könnten zusätzliche Voraussetzungen festlegen, um den Schutz der Rechteinhaber:innen zu verbessern.
In Deutschland wird darüber gestritten, ob das geltende Recht (§ 27 Abs. 2 UrhG) den Bibliotheken schon jetzt das E-Lending erlaubt. Im Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes wollte der Bundesrat „eine verlässliche Grundlage zur Leihe von E-Books“ schaffen. Danach sollten die Verleger von E-Books verpflichtet werden, nicht kommerziell tätigen Bibliotheken ein Nutzungsrecht für den Verleih zu angemessenen Bedingungen einzuräumen. Die vorgeschlagene Zwangslizenz ist erwartungsgemäß auf Widerstand gestoßen. Der Börsenverein des deutschen Buchhandels kritisierte sie genauso scharf wie die im Oktober letzten Jahres an die Öffentlichkeit gegangene Initiative „Fair Lesen“ (https://www.initiative-fair-lesen.de). Eine „erzwungene Online-Ausleihe zu Niedrigpreis-Bedingungen – insbesondere für Neuerscheinungen“ würde – so das Argument – die bestehenden Erlösstrukturen am funktionierenden Markt nachhaltig beschädigen. Dagegen argumentiert etwa der Deutsche Bibliotheksverband, dass die vorhandenen Lizenzangebote am Markt nicht angemessen ausgestaltet seien. Insbesondere restriktive Lizenzbedingungen und ein nicht vollständiges Angebot erschwerten Bibliotheken ihren kultur- und sozialpolitischen Auftrag: allen Nutzer:innen den gleichen Zugang zu Wissen und Information zu ermöglichen.
Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis `90/Die Grünen und FDP spricht davon, dass man “faire Rahmenbedingungen beim E-Lending in Bibliotheken“ wolle. Die Bundesregierung wird „in den Dialog mit den betroffenen Akteuren eintreten und nach sorgfältiger Erwägung aller Argumente prüfen, ob beziehungsweise welche gesetzlichen oder außergesetzlichen Maßnahmen zu ergreifen sind, um faire Rahmenbedingungen für das E-Lending zu gewährleisten” (BT-Drs. 20/1046). Juristisch geht es darum, ob das Prinzip des Ausschließlichkeitsrechts gekoppelt mit privatautonomen Lizenzvereinbarungen (Modell 1), eine Zwangslizenz (Modell 2) oder eine gesetzliche, vergütungspflichtige Nutzungserlaubnis (Modell 3) die beste Lösung sind, das Ziel eines breiten Zugangs zu angemessenen Bedingungen zu erreichen. Dabei muss man auch darüber nachdenken, ob und warum dieses Ziel weiterhin wichtig ist und ob und warum das gerade Aufgabe von Bibliotheken sein sollte. Ökonomisch geht es vor allem darum, ob und welche Auswirkungen die Modelle 2 und 3 auf den Buchmarkt haben – und ob der sich verändernde Buchmarkt seinerseits die Funktionsvoraussetzungen für das Modell 1 untergräbt. In technisch-organisatorischer Hinsicht geht es darum, wie man in allen drei Modellen – insbesondere im aktuell praktizierten Modell 1 – einen angemessenen Zugang und den Schutz der berechtigten Interessen der Rechtehaber:innen sicherstellt. Bedarf es dazu weiterer Intermediäre, wie es etwa divibib (https://onleihe.net) oder Overdrive mit der App „Libby“ sind, oder gibt es alternative Lösungen? Vielleicht weisen diese Probleme auch darauf hin, dass eine Zugangsregel marktfunktional ausgestaltet werden sollte. Sie könnte – unabhängig vom konkret gewählten Modell – für einen wirksamen Konditionenwettbewerb sorgen, indem sie ein Anreiz für Verlage ist, bessere und für die einzelnen Gedächtniseinrichtungen maßgeschneiderte Optionen anzubieten.
Ob und wie das möglich ist – darüber wollen wir in unserer Veranstaltung am 29.4.2022 diskutieren. Wir sollten dabei nicht die bekannten Grundsatzpositionen von Rechteinhaber:innen einerseits und Bibliotheken andererseits wiederholen. Unsere Herausforderung ist es, gemeinsam – vielleicht auch mit neuen Diskursformaten – darüber nachzudenken, wie man die von allen geteilten kultur-, sozial- und gesellschaftspolitischen Ziele des gleichberechtigten Zugangs mit dem berechtigten Anliegen der angemessenen Vergütung von Kreativen und Verlagen ausgleichen kann. Das IUM wird dafür das Forum bereitstellen. In drei hochkarätig besetzten Panels werden wir im juristischen, interdisziplinären und praktischen Diskurs die Grundfragen der angemessenen Zugangsvermittlung von Bibliotheken beleuchten. Damit leisten wir einen Beitrag zur fachlichen Debatte des für die Ressourcennutzung in einer modernen Wissens- und Informationsgesellschaft wichtigen Themas. Es wird dabei eine Mischung aus klassischen Vorträgen und gemeinsamen Fachgespräch geben. Mit Blick auf die geltenden Corona-Maßnahmen ist die Präsenz-Teilnahme unabhängig von einem 3G-Nachweis möglich. Nach dem aktuellen Pandemiegeschehen sehen wir zur Zeit noch zu Ihrem Schutz und dem Schutz aller Teilnehmenden eine Maskenpflicht (FFP2 Maske) während der gesamten Veranstaltung vor. Sollte die Inzidenz nachhaltig zurückgehen und die Veranstaltungsbedingungen das Risiko einer Ansteckung verringern, werden wir davon Abstand nehmen. Wir bitten um Verständnis, dass wir das kurzfristig entscheiden werden. Bringen Sie auf jeden Fall eine entsprechende Maske mit!
Eine Veranstaltungsteilnahme ist sowohl vor Ort in München als auch via Livestream möglich!
Wir freuen uns auf Ihre zahlreiche Teilnahme und laden Sie herzlich ein, am 29.4.2022 in München im Literaturhaus live dabei zu sein!
Anmeldung
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